BIM auf der Baustelle (1/3)

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Flavio Conti, Bauführer bei Leuthard Bau AG, am 23. August 2017 auf linkedin:

 

BIM auf der Baustelle (1/3)

 

BIM: Drei Buchstaben beherrschen die Fachgespräche in der Bauwirtschaft – und beim Thema rund um das «Building Information Modeling» fehlt es nicht an Versprechen und Vermutungen. In unserer dreiteiligen Serie wollen wir BIM auf den Realitätsprüfstand stellen.

 

Praktische Beispiele sollen Antworten auf diese Fragen geben: Ist BIM im Jahr 2017 eine Vision in ferner Zukunft, eine Lösung für wenige Grossprojekte oder ist BIM bereits Realität in Planungsprozessen und auf der Baustelle? Und vor alledem – was bedeutet BIM für die Menschen und Unternehmen in der Bauwirtschaft?

 

In Mettmenstetten wird die BIM-Vision zur Realität

So viel können wir bereits jetzt sagen: BIM ist bereits auf ganz normalen Schweizer Baustellen, wenn auch sehr selten, Realität und wird gelebt – wenn auch noch mit den üblichen Stolpersteinen auf dem Weg der Digitalisierung. Und die Vision von Datenbrillen, mit denen ein zu erstellendes Bauwerk im 3D-Modell scheinbar real besichtigt wird, ist nicht mehr nur Zukunftsmusik, sondern bereits möglich. Ein kurzer Weg nach Mettmenstetten ZH reicht und wir treffen auf Ricardo Andrade, Projektleiter und BIM-Spezialist beim Bauunternehmen Leuthard. «Hololens» heisst die futuristisch anmutende Datenbrille und gemeinsam – mit einer zweiten Datenbrille – schauen wir in eine von den Tiefbauspezialisten ausgehobene Baugrube. Und siehe da: Bodenplatte, Leitungen und erste Bauteile werden sichtbar. Durch die Datenbrillen wird das zuvor von den Planern erstellte 3D-Modell an den zukünftigen Bauplatz projiziert.

Spielerei? Bei Weitem nicht, weiss Projektleiter Andrade: «Der praktische Nutzen ist beispielsweise eine Sichtprüfung, ob die Tiefbauer richtig und genau gearbeitet haben.» Und bereits im Vorfeld, so Ricardo Andrade weiter, «konnte dank der Datenbrillen eine Besichtigung des noch digitalen Gebäudes durchgeführt werden». Die Zahl 722 – mehr darüber später in diesem Bericht – spielt dabei eine wichtige Rolle.

 

Zurück zum Anfang: Was ist BIM?

Hinter BIM steht die Idee, ein Bauwerk – Gebäude, Brücke, Kunstbau – vor der Erstellung digital zu bauen. Also nicht nur zu zeichnen, um darzustellen, sondern das gesamte Bauwerk mit allen planungs- und baurelevanten Details am Computer tatsächlich als 1:1-Modell zu konstruieren und zu erbauen. An dieser Stelle kann der erste Mythos aus dem Weg geräumt werden: BIM bedeutet selten eine neue Softwarewelt und neue Werkzeuge. Die digitale Konstruktion kann zumeist mit den aktuellen Versionen der bekannten Anwendungen von Architekten, Tragwerkspezialisten, HLK- und Elektroplanern erbaut werden. «Entscheidend ist», so betont Dieter Greber, CEO der Leuthard Bauunternehmen in Merenschwand und seit zwei Jahren konkret mit dem Thema BIM im eigenen Unternehmen unterwegs, «dass die Prozesse und Schnittstellen unter den Planern definiert sind».

Das technische Zauberwort heisst IFC (Industry Foundation Classes) und bezeichnet ein Datenformat zum Austausch der in verschiedenen Anwendungen erstellten Konstruktionsdaten, zumeist über eine Cloudplattform. Das wirklich Neue an BIM: Das Zusammenfügen der konstruktiven Daten in einem gemeinsamen Datenmodell, das am Ende nichts anderes ist als eine 1:1-Kopie des späteren Bauwerks. BIM verändert dabei die Aufgaben der Projektplaner und -beteiligten in einem zentralen Punkt: Die Abstimmung einer durchweg BIM-orientierten Arbeitsweise nach vorgegebenen Projektrichtlinien ist unerlässlich. Sonst passiert es durchaus einmal, dass die (digital) angelieferte Haustechnik nicht im Gebäude, sondern 30 Kilometer entfernt mitten auf der grünen Wiese steht. Die Digitalisierer dieser Welt haben hierfür ein neues Fachwort erfunden: Kollaboration. Sie beschreiben damit die Zusammenarbeit im digitalen Zeitalter. Dabei sagt Kollaboration nichts anderes aus, als dass die verschiedenen Gewerke perfekt aufeinander abgestimmt agieren müssen. «BIM heisst, am Anfang sprechen (dabei ist BIM die gemeinsame Sprache), moderieren und koordinieren», so Dieter Greber. Das digitale Zeitalter ist auch in der Bauwirtschaft das Zeitalter des Zusammenarbeitens. Ein erfreulicher Aspekt. Für Bauunternehmen wie Leuthard bedeutet das: vermehrt als Generalplaner die Führung übernehmen und eben diese Zusammenarbeit und Abstimmung bereits in der Planungsphase gewährleisten. BIM bedeutet in der Konsequenz: Fehler werden dort behoben, wo sie entstehen. Bisher sah die Realität anders aus: Planungsfehler waren meist das Problem der Poliere auf der Baustelle.

Die ganz konkreten Argumente für BIM

Vereinfacht kann man sagen: Es gibt nichts, was mit BIM nicht besser gehen würde. Im Gespräch mit Dieter Greber fällt die Zahl 722. Das ist die Anzahl der Planungsfehler, die im digitalen 3D-Modell einer Überbauung mit 40 Wohnungen – zusammengefügt von Daten der Architekten, Tragwerksspezialisten, HLK- und Elektroplanern – bei digitalen Rundgängen mit der Datenbrille «Hololens» und anderen Werkzeugen gefunden wurden. Dort ein Rohr, das durch eine tragende Säule geht. Hier ein Blick vom Balkon ins Toilettenfenster des Nachbarn. Und auch Elektroleitungen, die zwar im Keller noch an der richtigen Stelle verlegt, aber im Geschoss darüber an der falschen Stelle platziert waren. «BIM verlagert die Fehlerbehebung dorthin, wo die Fehler gemacht wurden», so die einfache Erkenntnis von Dieter Greber.

 

Höhere Planungskosten sind ein Irrtum

Das Ergebnis sind nicht etwa höhere Planungsaufwendungen, wie man zunächst vermutet. Vielmehr wird die Planung komplett im Vorfeld durchgeführt und, so Dieter Greber, «der Anspruch auf eine fehlerfreie Planung war schon immer gegeben und kann jetzt wirklich eingefordert werden ». Bis zu 15 Prozent – so zeigen konkret erste Erfahrungen auf den Schweizer BIMBaustellen von Leuthard – lassen sich dank dieser Vorgehensweise und den BIM-Modellen bei den Baukosten einsparen. Und gleichzeitig wird die Ausführungsqualität erhöht. Doch um die Projektkosten dank BIM wirklich zu reduzieren, braucht es mehr als digitale Konstruktionsmodelle, die man mit Datenbrillen gemeinsam besichtigen kann, um Fehler zu identifizieren. Denn BIM ist viel mehr als 3D.

 

Link zum Beitrag:

https://www.linkedin.com/pulse/teil-1-von-3-bim-auf-der-baustelle-flavio-conti

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