Digitalisierung - Der Bau hinkt hinterher

Digitalisierung - Der Bau hinkt hinterher 393437

Peter Morf am 26. Januar 2018 in Finanz und Wirtschaft:

 

Der Bau hinkt hinterher

Mit einiger Verspätung entdeckt die Branche die Digitalisierung. Obwohl Effizienz und Qualität steigen sollen, geht es dabei nicht um Bauroboter.

 

ämmern, Fräsen, Schleifen, Mauern – diese und ähnliche Aktivitäten dominieren das Bild auf Baustellen landauf, landab. Bauen ist Handwerk. Das ist so seit Jahrzehnten und trifft auch heute noch zu. Ein Computer auf einer Baustelle: Fehlanzeige. Damit ist auch gleich ein wichtiger Punkt erwähnt, warum die Bauindustrie in Sachen Produktivität massiv hinter anderen produzierenden Bereichen zurückliegt – und das seit Jahrzehnten.

Das Bild dürfte sich allerdings rasch ändern. Das Stichwort heisst digitales Bauen, das in der Schweiz auf dem Vormarsch ist, auch wenn es derzeit noch weitgehend in den Kinderschuhen steckt. Es wird die Branche nachhaltig verändern.

Das digitale Bauen oder das Building Information Modeling (BIM) ist eine Methode der Zusammenarbeit über alle Wertschöpfungsstufen wie auch über den ganzen Lebenszyklus einer Baute hinweg (vergleiche nachfolgende Grafik).

Dabei werden alle Stufen vom Besteller über Planer, Ersteller und Betreiber elektronisch vernetzt. Es gibt nur noch einen Plan, auf den jede Stufe Zugriff hat. Idealerweise ist darin sogar schon der Abbruch am Schluss des Lebenszyklus erfasst. Erst die Digitalisierung hat derartiges möglich gemacht.

Abb. 1

Konkret wird das zu erstellende Bauwerk schon vor dem Baubeginn virtuell gebaut. Im 3D-Modell lässt sich das fertige Objekt detailliert darstellen. Dahinter stehen zudem als weitere Dimensionen alle Daten betreffend Material, Termine, Logistik und Ähnliches mehr: Daran haben sich alle Beteiligten zu halten. Ist der Prozess durchgängig und erfasst alle Stufen, sind erhebliche Effizienzgewinne möglich.

 

In der Schweiz ist dieses Vorgehen noch nicht weit verbreitet. Erst vor rund zwei Jahren bildete sich die Interessengemeinschaft Bauen digital Schweiz. Sie setzt sich zum Ziel, eine Plattform zu bilden und will eine «Best practice» im digitalen Bauen erarbeiten. Dabei lehnt sie sich internationalen Entwicklungen an.

Die Schweiz ist damit im internationalen Vergleich erheblich im Rückstand. Wie Markus Weber, Präsident von Bauen digital Schweiz, im Gespräch festhält, reichen die Anfänge von BIM rund zehn Jahre zurück. An der Spitze standen und stehen die skandinavischen Länder sowie Grossbritannien.

 

Die Bestrebungen, BIM einzuführen, entstanden im Bereich der Planer, sie sind denn auch am weitesten fortgeschritten. Die eigentliche Bauwirtschaft, also die Produktion, holt jedoch auf. Mit an der Spitze steht der führende und einzige kotierte Schweizer Baukonzern, Implenia. Gemäss CEO Anton Affentranger hat das Unternehmen in den vergangenen Jahren «bedeutende Mittel» in die Digitalisierung des Bauprozesses investiert. Und Implenia wird BIM weiter ausbauen.

Die Promotoren von BIM erhoffen sich erhebliche Effizienzgewinne sowie eine Steigerung der Qualität. Dafür soll zunächst die bessere Information und damit Koordination zwischen den verschiedenen Wertschöpfungsstufen sorgen. Die Planer, Erbauer und Betreiber sind nicht mehr Einzelkämpfer, sondern sie werden zum Team. Oder wie es Weber formuliert: «Die Schnittstellen werden zu Verbindungsstellen.» Zudem lassen sich gemäss Alar Jost, Head of BIM bei Implenia, dank der Modelle die Bauabläufe optimiert simulieren, die Materialmengen können präziser kalkuliert werden, und Fehler lassen sich frühzeitig erkennen.

 

Die Effizienzgewinne sind vorerst allerdings nur schwer bezifferbar. Das Potenzial lässt sich erahnen: Markus Weber hält fest, dass die Aufwendungen zur Fehlerbehebung im Bau pro Jahr geschätzte 5 Milliarden Franken ausmachen. Gemäss Anton Affentranger erhöht die Digitalisierung «die Stabilität in den Bauprozessen und verbessert dadurch auch die Produktivität und führt besonders zu mehr Sicherheit und Nachhaltigkeit in den Ergebnissen».

 

Das grösste Potenzial zur Effizienzsteigerung durch BIM besteht in komplexen Hochbauten. Der Tiefund Strassenbau ist deutlich weniger weit fortgeschritten. Dabei würde es helfen, wenn auch die öffentliche Hand, im Tiefbau die grösste Auftraggeberin, die Digitalisierung im Bau aufnehmen würde. Geringer ist das Potenzial zunächst im Bereich einfacher Hochbauten wie etwa Einfamilienhäusern.

BIM wird zu einem Kulturwandel in der Bauwirtschaft führen. Durch die umfassende Vernetzung sind alle Stufen zur Zusammenarbeit gezwungen. Auf der Baustelle werden die Vorfertigung und die Anlieferung ganzer Bauteile an Bedeutung gewinnen. Die Baustelle wandelt sich von einer ausgelagerten Werkstatt zu einem Montageplatz.

 

Investitionen sind gefragt

Klar ist für Alar Jost aber auch, dass «komplexe manuelle Abläufe auch in Zukunft auf der Baustelle durch den Menschen ausgeführt werden». Mit «Baurobotern» ist vorderhand kaum zu rechnen. Aber auf den Baustellen dürften Computer zur Normalität werden.

Obwohl die quantitative Bedeutung von BIM noch gering ist, ist für Affentranger und Weber klar, dass das digitale Bauen die Branchenstruktur beeinflussen wird. Weber erwartet mehr Partnerschaften und einen Trend hin zur Konzentration in der stark atomisierten Baubranche. Affentranger sieht neue Geschäftsmodelle entstehen, «die Karten werden neu gemischt, und es bieten sich für alle Marktteilnehmer erhebliche Chancen».

 

Allerdings müssen diese Chancen auch genutzt werden. Zu Beginn erfordert BIM seitens aller Marktteilnehmer erhebliche Investitionen. Wer sie nicht vorzunehmen bereit ist, verliert an Wettbewerbskraft und lebt wohl von geborgter Zeit. Affentranger hat das erkannt, darum hat er die Weichen in Implenia schon früh gestellt und das BIM konzernintern gefördert. Den Anleger wird es freuen, Engagements in Implenia gewinnen an Attraktivität. Der Bau der Zukunft wird durchgängig vernetzt sein.

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