Digitalisierung der Baubranche - wo stehen wir aktuell?

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Peter Rahm in "dieBaustellen" Nr. 01/2018:
 

Digitalisierung der Baubranche - wo stehen wir aktuell?

Unsere Welt wird zunehmend digital - dies stellt auch die Baubranche vor grosse Herausforderungen. Alle an Planung, Bau und Betrieb Beteiligte müssen die Veränderungen gemeinsam anpacken. Wo stehen wir heute? Was sind die aktuellen Entwicklungen? Welche Projekte schreiben die Zukunft neu? Wir geben einen punktuellen Einblick.

 

Es ist kaum mehr vorstellbar, dass es vor rund zehn Jahren noch fast keine Smartphones gab. Erst mit der Einführung des iPhones im Jahre 2007 eroberte das Internet-Handy den Markt. Inzwischen glauben die meisten Personen, ohne Smartphone nicht mehr existieren zu können. Aktuell werden jeden Tag rund 269 Milliarden E-Mails versendet und empfangen, Tendenz steigend. Umgerechnet auf die gesamte Weltbevölkerung sind das 35 Mails pro Tag und Person. Internet, Smartphones, Roboter - sie beeinflussen unsere Welt und das mit zunehmendem Tempo. Inder Schweizer Bauwirtschaft stehen wir am Anfang der digitalen Transformation. Für diejenigen, die sich darauf einlassen, ist es eine natürliche Evolution. Für diejenigen, die sich nicht damit beschäftigen, kann es zu einer Revolution werden, weil es auf einmal Firmen geben wird, die keiner gesehen hat und die Geschäfte machen, die bis anhin keiner versteht. «Wer die Digitalisierung verschläft, wird es sehr schwer haben», lautet die Einschätzung eines Branchenkenners. Der Stand der Entwicklung dank der Digitalisierung ist auch in der Baubranche beeindruckend: Erste Roboter, die selbstständig Häuser bauen, stehen bereits im Einsatz und mithilfe von 3D-Drucktechnologien werden ganze Häuser produziert. Der Einsatz von Drohnen eröffnet völlig neue Möglichkeiten. Virtual Reality und Simulation dringen unter dem Stichwort BIM (Building Information Modeling) in den Entwurfs- und Bauprozess ein. Dadurch werden Gebäude bereits in frühesten Entwicklungsphasen umfassend erlebbar. Auch der Bau sowie die Nutzungsprozesse lassen sich vorab simulieren und alle Projektbeteiligten haben jederzeit Zugriff auf identische aktuelle Daten.

 

BIM ist einer der grossen Treiber der Digitalisierung

Viele Akteure in der Schweizer Bauwirtschaft erhoffen sich den grossen Schub in der Digitalisierung durch Building Information Modeling - kurz BIM. Es beschreibt das modellbasierte Planen, Realisieren sowie Betreiben von Bauvorhaben mit dem Anspruch, den Wissenstransfer, die Ergebnisqualität und die Effizienz aller Beteiligten zu optimieren. Auf Basis eines vieldimensionalen Datenmodells ermöglicht BIM eine im Bauwesen noch nie dagewesene Kosten-, Planungs- und Terminsicherheit - und das zu einem sehr frühen Zeit­punkt. Denn Informationslücken und Kollisionen können über die einzelnen Fachbereiche und Disziplinen schon im Planungsstadium identifiziert werden. Dadurch lassen sich teure Baufehler vermeiden und Verbesserungen ohne zeitliche Auswirkungen auf die veranschlagte Bauzeit umsetzen. Die BI M-Leuchtturmprojekte «Neubau Felix-Platter-Spital» in Basel (Betriebsaufnahme 31. März 2019) und «Neubau Spital Limmattal» in Schlieren (Eröffnung Ende 2018) befinden sich in der Ausbauphase. Bei beiden Projekten äussern sich alle Be­teiligten sehr zufrieden über den bisherigen Bauverlauf: „Dank digitaler Planung ist der Neubau des Felix-Platter-Spitals der derzeit am schnellsten realisierte Spitalneubau der Schweiz in dieser Grösse“, lautet die Aussage von Gesamtprojektleiter Florian Schrenk. Um die Frage, ob sich BIM auch im öffentlichen Infrastrukturbau lohnt, ist eine kontroverse Diskussion entstanden. Der Verband Infra Suisse organisierte im Oktober 2017 erstmals eine Veranstaltung zu diesem Thema. Verglichen mit dem Hochbau bestehen im lnfrastrukturbau noch viele Unklarheiten und Unsicherheiten.

 

Bauwerke aus dem 3D-Drucker

Mithilfe von 3D-Drucktechnologien werden bereits ganze Häuser produziert. Bekannt sind Bauten in den Niederlanden und in China. Die technologieaffinen Asiaten produzieren ganze Kolonien einfacher Fertighäuser mit dieser Technik. International auf grosses Interesse stiess die weltweit erste Brücke, deren Elemente im 3D-Druckverfahren entstanden sind. Sie befin­det sich in der niederländischen Stadt Gemert und wurde vom Bauunternehmen BAM und von der Technischen Universität Eindhoven entwickelt. Mitte Oktober wurde die 8 Meter lange und 3,5 Meter breite Betonbrücke den Radfahrern zur Nutzung übergeben. Die Konstruktion wurde in einzelnen Abschnitten von einem Meter Länge aus einem speziell entwickelten Beton mit einer Schichthöhe von einem Zentimeter gedruckt. Dank der standfesten Konsistenz des Betons ist keine Schalung erforderlich. Mit dem 3D-Druckverfahren kann jede geometrische Form gefertigt werden, was auch zu erheblichen Materialeinsparungen führt.

 

Bauen mit Robotern und 3D-Druckern: Die Bauarbeiten für das DFAB House in Dübendorf sind in vollem Gange

Auf dem Nest-Gebäude der Empa und Eawag in Dübendorf bauen acht Professuren der ETH Zürich gemeinsam mit Partnern aus der Wirtschaft das dreigeschossige DFAB House. Es handelt sich weltweit um das erste Haus, das weitgehend mit digitalen Prozessen entworfen, geplant und auch gebaut wird. Mit diesem Pilotprojekt wollen die ETH-Professoren herausfinden, inwiefern digitale Technologien das Bauen nachhaltiger und effizienter machen und das gestalterische Potenzial erhöhen können. Die einzelnen Bauteile wurden auf Ba­sis der Entwürfe digital aufeinander abgestimmt und werden direkt ab diesen Daten fabriziert. Gleich vier verschiedene Bauverfahren werden im Rahmen dieses Projekts erstmals von der Forschung in die gebaute architektonische Anwendung überführt. Mit der sogenannten «Mesh Mould»-Technologie wird eine doppelt gekrümmte, tragende Betonwand gebaut. Mit dieser Bauweise könnte sich das Bauen mit Beton künftig grundlegend verändern. Eine zentrale Rolle kommt dabei dem zwei Meter grossen Bauroboter «In situ Fabricator» zu, der sich auf Raupen selbst in einer ständig ändernden Umgebung autonom bewegen kann. Ein vom ihm fabriziertes Stahldrahtgitter dient sowohl als Schalung wie auch als Bewehrung für den Beton. Über dem Basisgeschoss wird die sogenannte «Smart Stab» zu liegen kommen - eine statisch optimierte und funktional gegliederte Geschossdecke, für deren Schalung die Forschenden den grossformatigen 3D-Sanddruck nutzen. Die Betonstützen am Deckenrand werden mit der Technologie «Smart Dynamic Casting» erstellt, einem automatisierten, robotischen Gleitschalungsverfahren. Die beiden oberen Stockwerke werden mittels «Spatial Timber Assemblies» als räumlich von kooperierenden Robotern zusammengefügter Holzbau im Robotic Fabrication Laboratory der ETH Zürich vorfabriziert.

 

In der Vermessung ist die Digitalisierung auf der Baustelle angekommen

Was früher undenkbar war, ist heute schon fast alltäglich: Dank der Ausrüstung von 3D-Maschinensteuerungssystemen auf Bulldozer, Grader, Bagger- und Belagseinbaumaschinen mit millimetergenauer Positionsbestimmung mittels Tachymeter (LPS) und zentimetergenauen GPS-Satellitennavigationssystemen kann mithilfe von digitalen Geländemodellen jede auch noch so komplizierte Form auf der Baustelle automatisch erzeugt werden. Um diesen steigenden Anforderungen gerecht zu werden, verfügen grössere Unternehmungen über Geomatik-Spezialisten und ausgebildete Vermesser. Mithilfe einer Drohne können die Spezialisten vor dem Baubeginn das Gelände aufnehmen und anhand die­ser Daten das 3D-Modell aufbereiten. In dieses wird das Neubauprojekt gelegt, die Daten werden auf das System der Maschine übertragen. Die Vorteile liegen auf der Hand: Diese Arbeitsweise spart Vermessungskosten, führt zu einer höheren Ausführungsgenauigkeit und -geschwindigkeit. Ebenso erleichtert sie die Volumenberechnung, weil die bewegten Materialmengen aufgrund des digitalen Geländemodells leicht errechnet werden können. Wenn er­forderlich, lassen sich die digitalen Baustellenpläne direkt via Internet auf die Bau­maschine laden.

 

QR-Code und RFID

Der QR-Code wurde in der Automobilindustrie entwickelt und für die Markierung von Baugruppen und Komponenten verwendet. Er besteht aus einer quadratischen Matrix aus schwarzen und weissen Quadraten, welche die kodierten Daten binär darstellen. In der Bauwirtschaft wird der QR-Code für die unterschiedlichsten Bedürfnisse verwendet. Beim Spitalneubau Limmattal in Schlieren hängt in jedem Zimmer ein mithilfe von «Finalcad» erstellten QR-Code. Mit dem Scannen des Codes werden der Raum und weitere hinterlegte Daten automatisch erkannt. Kombiniert mit der Software «Revit» lässt sich dann nachvollziehen, wer wann welche Arbeitstätigkeit in diesem Raum ausgeführt hat. Der Raumplan erfasst zudem alle wichtigen Informationen über Materialanlieferungen und Baufortschritt der einzelnen Unternehmer. Nach Aussage der Verantwortlichen vereinfacht diese digitale Aufzeichnung die Steuerung und Dokumentation des Baufortschritts enorm. Mit einem RFID-Chip (Technologie zum kontaktlosen Identifizieren von Objekten) könnten dereinst Bauteile versehen werden, so wie es heute bei vielen Konsumgütern üblich ist. Dann liessen sich diese in einem digitalen Katalog organisieren und bewerten. Jeder Bauleiter wüsste dann jederzeit, welche Teile wo und zu welchen Preisen gelagert werden. Auch liesse sich transparent einsehen, woher die Teile stammen, was die Qualitätskontrollen verbessern würden.

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