Überkapazitäten trüben Aussichten

Überkapazitäten trüben Aussichten 405519

Pirmin Schilliger in Handelszeitung 2018.05 / Special "Immobilienwirtschaft":
 

Überkapazitäten trüben Aussichten

Die Herausforderungen für die Branche mehren sich. Vor allem die steigenden Leerstände bereiten Sorge.

 

Rückläufige Preise in den gehobeneren Wohnsegmenten, sinkende Mieten, ansteigende Leerstandsquoten sowie die Abnahme der Baubewilligungen waren 2017 vorherrschende Themen in der Immobilienbranche. Hinzu kam die wachsende Ungewissheit über die Zinsen, die nicht ewig auf ihrem tiefen Niveau verharren werden.


Ein raueres Klima hat also Einzug gehalten. Es widerspiegelt, wie sehr in den vergangenen Jahren über die eigentliche Nachfrage hinaus gebaut worden ist. In den Fokus gerückt sind mittlerweile die Leerstandsziffern: Rund 65 000 Wohnungen und grosse Büro- und Verkaufsflächen stehen in der Schweiz derzeit leer. Die Mieter können sich darüber freuen, nicht aber die Immobilienbewirtschafter. «Die Beseitigung von Leerständen ist für unsere Branche die eigentliche Herausforderung im laufenden Jahr», erklärt Oliver Hofmann, Chef des führenden Schweizer Immobiliendienstleisters Wincasa. Ähnlich äussert sich Andreas Ingold, Chef des Immobilienmanagers Livit, der 150 000 Mietobjekte in der ganzen Schweiz betreut: «Die steigende Leerstandsziffer verursacht den Bewirtschaftern einen grossen Mehraufwand, den sie aufgrund der Ist-Mieten in den meisten Verträgen kaum verrechnen können. Und bei den Investoren stellt sich die Frage nach der nachhaltigen Rendite.»


Es wird munter weiter investiert
Trotz der zunehmenden Unsicherheit wird aber munter weiter in Immobilien investiert. Denn die Rahmenbedingungen mit den tiefen Zinsen versprechen nach wie vor attraktive Renditen, solange man selber nicht über Gebühr von längeren Leerständen betroffen ist. Zusätzlich angeheizt wird die Situation durch private Anleger, die auf dem Mietwohnungsmarkt mitmischen. Um der Nullverzinsung auf dem Bankkonto und den Risiken des Aktienmarktes zu entgehen, kaufen sie Eigentumswohnungen (EWG), die sie dann nicht selber nutzen, sondern vermieten. Derzeit geht ein Fünftel aller neuen EWG an private Käufer.

 

Parzellen mit Potenzial
Laut Fahrländer Partner Raumentwicklung (FPRE) rechnen die Investoren auch
im laufenden Jahr 2018 fast überall mit rückläufigen Wohnungsmieten. Differenziert nach dem Alter der Objekte sollen vom Rückgang in erster Linie Neubauwohnungen betroffen sein, derweil Altbauwohnungen zur Vermietung teurer werden dürften. Auch kleine und mittlere EWG dürften kaum günstiger werden. Stellt man auf die neusten Zahlen im vierten Quartal 2017 ab, war vor allem das mittlere Segment – rund 115 Quadratmeter grosse EWG – in den Regionen Zürich und Basel weiterhin sehr begehrt. Die Preise lagen dort um rund 5 Prozent über denen des letzten Vorjahresquartals. Ganz anders die Entwicklung bei den teuren EWG, die der Branche bekanntlich schon länger Bauchweh bereiten. Die Preiskorrektur, die dort zuerst den Luxusbereich erfasste, hat sich 2017 weiter fortgesetzt. Offen bleibt, ob die Talsohle schon im kommenden Sommer erreicht sein wird, wie das die Optimisten hoffen.


Ähnliche Tendenzen wie bei den EWG sind bei den Einfamilienhäusern (EFH) festzustellen: also ein insgesamt stabiles mittleres und ein kriselndes teures Segment. Davon ausgenommen sind ältere Einfamilienhäuser mit grossem Umschwung. Diese rücken immer häufiger in den Fokus der Investoren. Sie wittern in den Parzellen unternutzte Liegenschaften, die früher oder später bei Umzonungen äusserst gewinnbringend mit Mehrfamilienhäusern überbaut werden könnten. Die Spekulanten erhalten für einmal Rückendeckung von den Raumplanern, denen Verdichtung und der haushälterische Umgang mit dem knappen Boden oberstes Gebot sind.


Ein Sorgenkind bleiben die Geschäftsliegenschaften, besonders die Büro- und Verkaufsflächen. «Mietpreisbereinigungen und Incentives für neue Mieter haben zwar vielerorts bereits zu einer Reduktion von Leerständen geführt», sagt Oliver Hofmann. Davon ausgenommen sind jedoch die Agglomerationen Genf/Lausanne und Zürich. Einerseits werden dort fleissig weiter neue Büroflächen produziert. Gleichzeitig verschlanken internationale Firmen ihre teuren Schweizer Niederlassungen und verlagern Büropersonal in günstigere Länder. In Zürich-Nord stehen aus diesem Grunde grosse Büroliegenschaften seit längerer Zeit leer, zum Beispiel in Oerlikon, beim Flughafen und beim Glattpark. Deren allfällige Umnutzung ist mit aufwendigen baulichen Massnahmen verbunden. Neue Möglichkeiten finden versierte Investoren in Nischenmärkten wie Gesundheits-, Hotel- oder Studentenimmobilien.


(Zweck-)Optimismus
Angesichts der Anfälligkeiten und Schwächen, welche die Experten diagnostizieren, sind ihre Prognosen für 2018 erstaunlich optimistisch. Die notwendigen Korrekturen könnten vorgenommen werden, ohne dass es deswegen zum grossen Crash komme, lautet der Tenor. «Die Immobilienbranche hat in den letzten Jahren bereits mehrfach Agilität gezeigt und bewiesen, dass sie rasch reagieren kann», meint Christoph Caviezel, Chef von Mobimo. Die Hoffnungen beruhen vor allem auf dem prognostizierten Wirtschaftswachstum. Es soll im laufenden Jahr für erneuten Schub bei der Einwanderung,  dem eigentlichen Nachfragetreiber bei den Mietwohnungen, sorgen. Im Bürobereich lautet die Gleichung: Beschäftigungswachstum = mehr Büroflächen.
«Allerdings ist es eher unwahrscheinlich, dass eine steigende Nachfrage sofort zu höheren Mieten führt; dafür sind die aktuellen Überkapazitäten einfach zu hoch», gibt Caviezel zu bedenken. Mehr als eine Reduktion der Leerstände ist also im Office-Bereich nicht zu erwarten, wenn überhaupt.

 

Andreas Ingold schätzt, dass sich die neuen Arbeitsformen wie Co-Working-Spaces, Desk-Sharing und Homeoffice in jedem Fall negativ auf den Flächenbedarf auswirken werden. Auch Dieter Sommer, Chef von Privera, rechnet bei den Büroflächen vorerst mit keiner Entspannung, «denn ein wirtschaftlicher Aufschwung wirkt sich in der Regel deutlich zeitverzögert auf die Nachfrage aus».
Obwohl die Einkaufslust der Konsumenten in jüngster Zeit wieder gestiegen ist, stehen viele Lokale leer. Wincasa als Bewirtschafter von zehn der grössten Shoppingcenter der Schweiz spürte zwar im vergangenen Herbst einen Aufwärtstrend. «Die Umsätze zogen im dritten Quartal 2017 um 2  Prozent an; sowohl Anleger als auch grosse Detailhändler investierten in ihre Einkaufszentren und optimierten deren Mietermix», betont Oliver Hofmann. Dennoch dämpft er die Erwartungen und verweist in diesem Zusammenhang auf den boomenden Online-Handel. Tatsächlich legt dieser so rasant zu, dass die Nachfrage nach Shoppingflächen auch in Zukunft weiter sinken dürfte.

 

Erhöhte Wachsamkeit
Bemerkenswert ist weiter, wie sehr die Entwicklung der einzelnen Segmente des Immobiliensektors von einer regionalen Komponente überlagert wird. So stehen im Oberaargau über 5 Prozent aller Wohnungen leer; in Zürich sind es lediglich 0,21 Prozent. Die Preis- und Nachfrageentwicklung in urbanen Räumen bleibt insgesamt viel positiver als in Kleinzentren, ländlichen Gebieten, im Tessin und im Alpenraum. Livit zum Beispiel sieht sich vor allem in den Regionen St. Gallen, Solothurn und Aargau mit vergleichsweise hohen Leerständen konfrontiert. 

 

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