Verdichtetes Bauen in Städten
Peter Meier, Leiter Analytics Immobilien / ZKB Zürcher Kantonalbank in Handelszeitung 2018.05 / Special "Immobilienwirtschaft":
Stadt vor der Stadt
Verdichtetes Bauen - Wohnraum bleibt in den Ballungsgebieten knapp. Im Grossraum Zürich sind geeignete Standorte rar.
Das Gesicht der Städte ändert sich vor allem an ihren äusseren Enden. Moderne Neubauprojekte setzen dort eine ganz neue Dynamik frei und formen ganz neue Stadtviertel mit eigenen Gewerbebetrieben und üppigen Grünflächen – und vor allem mit neuem und dringend benötigtem Wohnraum. Denn der globale Trend zur Urbanisierung macht auch vor der Schweiz keinen Halt.
Dies lässt sich unter anderem an den Preisen für Wohnraum ablesen. Während Mieten und Kaufpreise für Wohnungen und Häuser in ländlichen Regionen in den letzten Quartalen aufgrund eines Überangebots gesunken sind, hat die starke Nachfrage nach Wohnraum in und nah der Stadt Zürich das hohe Preisniveau gestützt. Eine umfassende Auswertung der online abgerufenen Wohnungsinserate im Grossraum Zürich bestätigt, dass die Nachfrage in den letzten beiden Jahren auf hohem Niveau lediglich stagnierte. Und dies, obwohl die Zuwanderung aus dem Ausland spürbar weniger geworden ist. Insofern wird sich die Lage für Mieter in Zürich auch mittelfristig nicht ändern: Wohnraum in der Limmatstadt bleibt knapp, die Leerstandsquote für Mietwohnungen (0,2 Prozent) wird in absehbarer Zeit kaum nennenswert ansteigen. Die zentrale Frage ist daher, wie die starke Nachfrage nach Wohnraum im Grossraum Zürich künftig befriedigt werden kann.
Reale Gegebenheiten schränken ein
Die Antwort hat sich das Schweizer Stimmvolk im März 2013 bereits selber gegeben: Um die weitere Zersiedelung der Landschaft zu verhindern, wurde der Revision des Raumplanungsgesetzes zugestimmt, das eine kompakte Siedlungsentwicklung fördert. Bauland soll effizienter genutzt werden. Doch auch wenn damit der rechtliche Rahmen gelegt wurde, schränken die realen Gegebenheiten die Möglichkeiten für das verdichtete Bauen ein. Nicht jeder brachliegende Quadratmeter Bauland im Stadtgebiet eignet sich als Standort für die Errichtung eines neuen kompakten Wohn- oder Geschäftskomplexes. Denn auch beim verdichteten Bauen ist die Lage respektive die Erreichbarkeit das wichtigste Kriterium für die Standortwahl.
Gemessen an diesen Kriterien ist das Gebiet Leutschenbach am nördlichen Stadtrand von Zürich eine der besonders attraktiven Lagen. Denn die Anbindung an den öffentlichen und den Individualverkehr ist ideal, die Wege zum Flughafen und zum Stadtzentrum sind kurz. Daher zählt das Gebiet bezüglich der Erreichbarkeit zu den 30 Prozent der für die Schaffung von neuem Wohnraum am besten geeigneten Standorte in Zürich. Zudem zeichnet sich das Gebiet Leutschenbach bereits seit einigen Jahren durch eine starke Dynamik aus.
Im Jahr 2000 lebte kaum jemand in der Region, nur zehn Jahre später wohnten dort bereits bis zu hundert Personen pro Hektar. Und bis 2020 wird das Gebiet nochmals einen kräftigen Verdichtungsschub erleben, teilweise werden dann in Leutschenbach über 300 Menschen pro Hektar wohnen (siehe Grafik). Dies unter anderem aufgrund des Bauprojektes «Wolkenwerk». Diese neue, dicht gebaute Überbauung bietet ab 2020 Platz für rund tausend neue Bewohner in insgesamt 314 Eigentumswohnungen auf bis zu 23 Etagen, wobei die Einheiten in den Erdgeschossen den Gastronomiebetrieben, Geschäften und Gewerbetreibenden vorbehalten sind. Drei von den insgesamt vier zusammenhängenden Türmen des Wolkenwerks sind 2020 bezugsfähig, der vierte und grösste Turm soll danach fertiggestellt werden und wird voraussichtlich gewerblich genutzt.
Denn eine gute Durchmischung der Nutzung und eine grosse Heterogenität der Bewohner sind wichtige Erfolgskriterien für sinnvolles verdichtetes Bauen mit Qualität.
