Wenn man Autos bauen würde, wie wir Bauwerke erstellen

Wenn man Autos bauen würde, wie wir Bauwerke erstellen 397008

Roger Baumer, Group CEO und Mitinhaber Hälg Building Services Group in intelligent bauen 1/18:

 

Wenn man Autos bauen würde, wie wir Bauwerke erstellen

Haben Sie in letzter Zeit ein neues Auto gekauft? Haben Sie dafür einen
Designer und einen Konstrukteur engagiert, dann die Teile auf dem
Markt gekauft und alles in die Hand einer Fabrik zur Fertigung gegeben?
Haben sie dann den Wagen jemand anderem zum Fahren überlassen,
von dem sie gar nicht wussten, was er genau will?

 

Was beim Beispiel des Autokaufs absurd erscheint, ist Tatsache bei vielen Bauprojekten. Die Leistungen für Erstellung und Betrieb eines Bauwerks werden auf viele Dienstleister entlang der
Wertschöpfungskette verteilt und der Betrieb und die Nutzung liegen dann in den Händen wiederum anderer Dienstleister.
Selbstverständlich etablieren sich in jeder Industrie eigene «Standards» und selbstverständlich ist das dauerhafte Konsumgut «Auto» nicht einfach so mit einem komplexen Bauwerk zu vergleichen.
Eines bleibt sich aber gleich: Je mehr die Schritte von der Planung über die Erstellung und den Betrieb auf mehrere Parteien verteilt werden, umso schwieriger wird es, ein Bauwerk als
Einheit zu verstehen. 

 

Im Fokus: die Gebäudetechnik
Die am Bau Beteiligten, ich spreche in der Folge vor allem von der Gebäudetechnik, bringen an jeder Stelle ihr bestes Wissen, ihre Interessen und Fähigkeiten in den Prozess ein. Diese Interessen
können allerdings auseinanderklaffen. So wird der Investor vor allem nach einer bestmöglichen Rendite streben, der Ingenieur nach Lösungen im neusten Stand der Technik, der Unternehmer
weiss, was am besten funktioniert und der Betreiber versucht die Betriebskosten
zu minimieren. Im guten Fall lassen sich die Interessen und Fähigkeiten unter einen Hut bringen.
Was bleibt, ist die Tatsache, dass an jeder Schnittstelle Informations- und Wissensverluste entstehen. Dies führt zu ungeplanten Kosten oder zu Einbussen in Komfort
oder Nutzen. Die zwei folgenden Ansätze könnten hingegen das integrale Verständnis und Handeln aller am Bau günstig beeinflussen.

 

Erster Ansatz: die Informationstechnologie
Wenn es gelingt, dank BIM (Building Information Modeling) bereits bei der Planung ein umfassendes Datenmodell eines Bauwerks und aller seiner Bauteile aufzusetzen, sinken die Informationsverluste.
Die Effizienz wird gesteigert und Mehrwert über den ganzen Lebenszyklus generiert.

Zwei Beispiele für den Kundennutzen:


Zwei Beispiele für den Kundennutzen:

Ein Servicedienstleister übernimmt das Mandat für ein Objekt. Vor Mandatsbeginn entfällt das heute noch immer gängige Aufnehmen aller Anlagen. Dies ist bereits im Datenmodell enthalten und
steht dem Servicedienstleister zur Verfügung. Die Anlagenteile sind vor Ort mit QR-Codes versehen; der Servicetechniker kann mit einem Klick auf sein Tablet oder Ähnliches auf die Dokumentation,
technische Daten oder sogar Videos zugreifen, die ihn bei der Wartung und Störungsbehebung
unterstützen – alles schnell und einfach.

Oder noch einen Schritt weiter: Der Servicetechniker ist mit einer Augmented-Reality-Brille ausgestattet. Im Technikraum werden ihm die Lage der Komponenten sowie aerodynamische, hydraulische oder steuerungstechnische Zusammenhänge aus der Gebäudedatenbank
auf der Brille dargestellt. Zusätzlich führt ihn ein Menü durch die Reihenfolge der zu bearbeitenden Anlagenteile und gibt ihm Hilfestellungen für die Wartung oder Störungsbehebung. Und
wenn er nicht mehr weiterkommt, schaltet sich ein Helpdesk zu, der via Brille und Kamera die gleiche Sicht auf die Anlage hat wie der Servicetechniker und der ihn unterstützt.

 

In beiden Beispielen wird nicht nur die Arbeit der Servicedienstleister vereinfacht. Es wird der Kundennutzen erhöht. Wartung und Störungsbehebung können effizienter gestaltet und Ausfallzeiten, Mehrfachgänge usw. reduziert werden. Grundlage, und das ist die Kernaussage,
sind verlässliche und angereicherte Daten und Informationen über alles, was
im Gebäude verbaut ist. Die Technologie, wie sie im Anlagengütergeschäft
schon bald seit Jahrzehnten bewährt ist, ist nun aus unserer Sicht auch für den
Bau schon recht reif und – mit entsprechenden Investments in die IT und Ausbildung
der Mitarbeitenden – auch anwendbar. Wird die Arbeit für den Servicetechniker dadurch einfacher? Nein.
Auch in diesen Zukunftsmodellen braucht es die Kenntnisse über die Zusammenhänge der Gebäudetechnik und zusätzlich noch mehr IT-Kenntnisse. Zweiter Ansatz: Betreiber- oder
Nutzungsmodelle Der Nutzer bestellt das Bauwerk über den ganzen Lebenszyklus. Dabei lassen
sich auch sehr weitgreifende Konzepte bis zur Fremdfinanzierung und vollständig durch Externe gewährleisteten Betrieb anwenden.
Besitzer, Nutzer und Betreiber gehen auf Basis gemeinsamer Ziele eine langfristige Partnerschaft ein, die sie auch vertraglich regeln. Und sie werden dabei alles tun, dass keinerlei Informationen
verloren gehen oder dass Prozesse optimal gestaltet sind. Im besten Fall beginnt diese Partnerschaft bereits in der Planung.
Fazit: Prozesse im Automobilbau sind dank integrierte Prozessketten unglaublich effizient,  Automatisierung und Digitalisierung auf hohem Niveau, sowohl in der Fertigung als auch im Endprodukt «Auto». Niemand würde erwarten, dass sich diese Entwicklungen zurückdrehen
lassen. Im Bau wird es dasselbe sein: Technologie wird die Prozesse, aber auch die Gebäude immer mehr durchdringen – sie ist reif und verfügbar. Stellen wir uns mit Offenheit und Neugier
diesen Prozessen. 

 

Alternative Betreibermodelle sind mit Sharing-Modellen bei Autos vergleichbar. Das «ich besitze» versus «ich nutze langfristig» setzt einen radikalen «Change of Mind» voraus. Hier braucht es wohl
noch einige mutige Akteure, die sich auf diese Modelle einlassen, Erfahrungen sammeln und in die Öffentlichkeit tragen.

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